Gehen

Ihr geht und ich lasse euch gehen,
weil ich euch nicht halten kann,
euren Flug nicht behindern,
obwohl ich manchmal wünschte jemand bliebe,
um mich zu halten.

Ich beobachte eure Flügel,
wie schön sie von unten schimmern –
ich weiß, dass ihr nicht weg seid,
aber ihr seid auch nicht da,
um meine Flügel zu bauen.

Das muss ich wohl alleine machen,
es ist der Moment gekommen,
in dem mir mein Spiegelbild ins Gesicht spuckt,
damit ich endlich ehrlich werde
und zu gehen beginne.

Aber noch ist da vor allem Trauer,
über all die verlorene Verbundenheit,
die ich zu anderen spürte
und nun mit mir selbst finden muss.

Und Angst.

Angst davor loszulassen,
Angst davor gehenzulassen,
Angst davor zu verlieren,
nicht retten zu können,
was mir so wichtig ist.

Egal wie fest ich meine Schuhe binde,
wie mutig ich die ersten Schritte mache,
kann ich doch noch nicht rennen,
weil ich vorher in Tränen ausbreche.

Aber ich weiß, dass die Zeit nicht anhält,
dass alles weiter läuft,
egal wie groß sich der Verlust anfühlt,
dass ich jeden Tag wachse,
ein wenig mehr verstehe,
ein Stückchen weiterkomme,
in dem ewigen Prozess,
in dem ich dahin zirkle.

Was passiert ist,
hätte nicht anders passieren können,
was passiert ist,
kann ich nicht mehr verändern,
ich kann es nicht kontrollieren,
nicht verfluchen und nicht bereuen.

Ich kann nur lernen,
um das nächste Mal sensibler zu sein.
Mehr auf mich und andere zu hören,
mehr in mich zu horchen und zu mir zu stehen.

Denn vieles wusste ich schon lange,
habe es nur erfolgreich unterdrückt,
bis es platzte,
wie ein eitriger Pickel.

Ein Gedanke zu „Gehen“

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