Er sieht nur

Der Mann, der in den Pyrenäen wohnt
Er sieht nur
Dass da nichts ist
Er sieht nur
Die Zigaretten
In Andorra
Die Packung 2,80€
Und den Alkohol
Auch günstig dort

Er sieht nicht
Die klaren Bäche
Die großen Vögel
Wie sie am Himmel kreisen
Die Berghänge
Von der Abendsonne beschienen

Er sieht nur
Die Straße vor seinen 4 Autorädern
Die kurvigen, nervigen Straßen

Er sieht nicht
Die Murmeltiere
Den Beginn der Färbung der Birken
Die Wolken
Wie sie um die Gipfel wabern

Er sieht nur
Dass es nichts gibt
Keine Arbeit Nur Touristen
Warum kommen die hierher?
Hier gibt es doch nichts.
C’est la merde.

Wie gut
Dass ich nicht hier lebe und sehen darf


Geschrieben September 2019 als ich mit Rucksack und Zelt auf dem Chemin des Bonhommes in den Pyrenäen unterwegs war und mich dieser Mensch in seinem Auto zum nächsten Supermarkt mitnahm.
Das Gedicht kam während meiner meditativen Spaziergänge in der Aue – quasi vor meiner Haustür gelegen – zu mir zurück. Ich bin dankbar, dass ich auch da wo ich wohne, sehen darf und immer mehr sehe. Ich freue mich darüber, dass ich mittlerweile so heimisch werde, dass ich auch beobachten kann was sich im Jahreslauf im Vergleich zum Vorjahr verändert hat…ob es immer noch diese Art Bienen gibt, die in den Erdlöchern in der Flusskurve wohnen. Oder wo noch das Schmwemmgut vom letzten Winterhochwasser hängt. Ich gehe den immer gleichen Weg. Und er entfaltet sich vor mir immer wieder neu. Es macht mir gar nichts aus, auf und wieder ab zu gehen. Denn ich darf sehen.

2 Gedanken zu „Er sieht nur“

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